Wie können wir das Leben mit Demenz für die Erkrankten und ihren Angehörigen hier und jetzt erleichtern? Eine zentrale Frage, mit der sich Alzheimer Schweiz auseinandersetzt und dafür Forschung fördert. Die Erkenntnisse aus den Projekten sollen Wissenslücken schliessen sowie zu konkreten Angeboten für Betroffene führen, die deren Lebensqualität verbessern. Auch Fachleute sollen davon profitieren – ob sie nun Menschen mit Demenz beraten, betreuen und pflegen oder andere Dienstleistungen erbringen.
Deshalb orientiert sich die Forschungsförderung von Alzheimer Schweiz am Grundsatz «care today, cure tomorrow» und folglich an Fragen, die mit dem Umfeld von Menschen mit Demenz zusammenhängen. Aktuell werden von Alzheimer Schweiz folgende Projekte finanziell unterstützt:
Aktuell gefördert
Teledentistry könnte für Menschen mit Demenz und deren unterstützendem Umfeld unter Zuhilfenahme von Fotos oder Videocalls eine Methode darstellen, mit der Zahnärzte eine erste Verdachtsdiagnose stellen, eine korrekte Einschätzung des aktuellen Handlungsbedarfs geben sowie das weitere Vorgehen klären und abstimmen könnten. Gleichzeitig kann dadurch für Menschen mit Demenz im ersten Schritt der Stress einer zahnmedizinischen Untersuchung reduziert werden, da u.a. die gewohnte Umgebung nicht verlassen werden muss. Der personelle, finanzielle und logistische Aufwand für an der Pflege und zahnmedizinischen Versorgung beteiligte Personen könnte reduziert werden bei einem gleichzeitigen verbesserten Zugang zur zahnmedizinischen Betreuung für Menschen mit Demenz.
Projektleitung: PD Dr. med. dent. habil. Julia Jockusch, M.Sc
Im vorliegenden Projekt wird ein Tablet-basiertes kognitives Training so angepasst, dass es auch von Personen mit leichten kognitiven Störungen (mild cognitive impairment, MCI) oder einer Alzheimer Demenz zu Hause sowie im Pflegeheimsetting möglichst eigenständig durchgeführt werden kann. Hierfür nehmen die Teilnehmenden mit ihren Studienpartnerinnen und Studienpartnern an zwei Fokusgruppen teil. Diese finden vor und nach einer 2-wöchigen Trainingsphase statt (täglich 30 min Training). Mit Hilfe des Feedbacks der Anwenderinnen und Anwendern wird die kognitive Trainings-App entsprechend angepasst. Das Ziel ist es, die Durchführbarkeit, Benutzerfreundlichkeit und Akzeptanz bei diesen Personengruppen zu erheben.
Zum Projektbeschrieb (deutsch)
Projektleitung: PD Dr. Anna-Katharine Brem
Abgeschlossen
In der «ad-hoc-Studie» werden betreuende Angehörige von Menschen mit Demenz durch Beratung und Koordination von unterstützenden Angeboten in ihrem Umfeld begleitet. Geschulte Hausarztpraxis-Mitarbeiter*innen tauschen sich im Rahmen von Hausbesuchen und Telefonaten mit den Angehörigen über einen Zeitraum von sechs Monaten aus. Anhand dieser Gespräche wird die Intensität der Belastung der pflegenden Angehörigen festgehalten und Ideen für Entlastungsmassnahmen (z. B. Sozialdienst, Spitex, Familie, Nachbarn usw.) diskutiert und implementiert. Ziel der Studie ist es, die Veränderung der empfundenen Belastung betreuender Angehöriger zwischen dem Beginn und dem Ende der Studie nach sechs Monaten zu erheben.
Projektleitung: Prof. Dr. med Stefan Neuner-Jehle
Aufgrund der Alterung der Bevölkerung steigt die Anzahl an Demenzkrankheiten und Schlaganfällen. Da nur wenige Menschen Patientenverfügungen verfassen, sind viele Angehörige gefordert und müssen Entscheidungen für Personen treffen, die ihre Urteilsfähigkeit verloren haben, ohne auf eine Patientenverfügung zurückgreifen zu können und ohne im Vorfeld mit den Betroffenen über ihre Bedürfnisse und Wünsche gesprochen zu haben. Während zahlreiche allgemeine Studien zum Projekt Advance Care Planning (ACP) durchgeführt wurden, gibt es kaum empirische Forschung zum Thema ACP durch Bevollmächtigte und zur angemessenen Begleitung der Angehörigen bei diesem Vorgehen. Diese Studie zielt darauf ab, einen ACP-Prozess durch Bevollmächtigte in Pflegeheimen zu gestalten.
Zum Projektbeschrieb (Französisch)
Projektleitung: Prof. Ralf J. Jox
Angehörige von Menschen mit Demenz nehmen Unterstützungsangebote wenig bzw. erst spät in Anspruch. Es gibt Hinweise darauf, dass die Inanspruchnahme insbesondere vom Einfluss einer Vermittlungsperson abhängt. Das kann eine Hausärztin sein, eine Mitarbeiterin der Spitex oder eines privaten Vereins, ein Sozialdienst oder auch eine persönliche Bekanntschaft.
Anhand von Interviews mit Vermittlungspersonen und mit Angehörigen wird untersucht, welche Rolle sie im Hilfesystem einnehmen und wie sich die Bereitschaft, als Vermittler zu wirken, charakterisieren lässt. Zudem interessieren ihre Einschätzungen betreffend Zweckmässigkeit und Nutzen von Unterstützungsangeboten. Mit den Erkenntnissen sollen aktuell bestehende Hindernisse bei der Inanspruchnahme überwunden werden.
Projektleitung: Dr. Beat Sottas, formative works
Regelmäßiges geistiges Training kann die Funktionen des Gehirns ankurbeln oder aufrechterhalten. Diese nehmen mit dem Alter erwiesenermassen ab. In den meisten Studien wird ein solches, kognitives Training in einer künstlichen Umgebung als Experiment durchgeführt. Mentale Übungen, die in den normalen Alltag integriert werden, sind aber möglicherweise vielversprechender. Die Forschenden versprechen sich weitreichende Effekte der Übungen auf die Denkfähigkeit und gehen davon aus, dass die Motivation der Studienteilnehmenden ausserdem höher ist. Die Studie von James et al. untersucht den Einfluss von aktivem Musiktraining und psychomotorischen Interventionen bei Patienten mit MCI (Mild Cognitive Impairment). Die Forschenden erwarten Effekte auf die kognitive Leistung, die Wahrnehmungsfähigkeit und Motorik sowie die damit verbundene Hirnplastizität, aber auch auf die Autonomie und das Wohlbefinden.
Zum Projektbeschrieb (Englisch)
Projektleitung: Prof. Dr. Clara James
Anhand eines Fragebogens für Angehörige sollen Ärztinnen und Ärzte für die frontotemporale Demenz (FTD) spezifische Verhalten besser erkennen, also auch frühzeitig eine FTD-Diagnose stellen können. Ziel ist zudem mit den Antworten auf diese Fragen, zwischen unterschiedlichen Hirnkrankheiten zu unterscheiden. Denn die FTD kann im Frühstadium nicht nur mit anderen demenziellen Krankheiten, sondern auch mit psychiatrischen Krankheiten, wie etwa einer Depression, verwechselt werden. Eine bessere Unterscheidung ermöglicht frühzeitiger gezieltere (nicht-) medikamentöse Therapien; dies wiederum kann die Lebensqualität von Patient_inn_en und Angehörigen verbessern helfen.
Der im Projekt erforschte Fragebogen und weitere Informationen finden Sie hier.
Projektleitung: PD Dr. med. Marc Sollberger
Was braucht es, damit die Bedürfnisse betreuender Angehöriger von Personen mit Demenz und Angebote zu ihrer Unterstützung und Entlastung besser zueinander finden? Diese ungenügende Passung wird in verschiedenen Forschungspublikationen festgestellt bzw. bestätigt. Im Rahmen des Projekts sollen Unterstützungsnetzwerke für Menschen mit Demenz im Hinblick auf die Bedürfnisse betreuender Angehöriger weiterentwickelt werden. Dabei wird eine enge Zusammenarbeit des interdisziplinären Forschungsteams mit Angehörigen sowie Fachpersonen in der Praxis realisiert. Leitidee ist eine «Kooperation auf Augenhöhe» zwischen Angehörigen und Fachpersonen im Interesse der Betreuung demenziell Erkrankter. Durch das vertiefte Verständnis des Zusammenspiels von Angebotsgestaltung, Zusammenarbeit und subjektiven Faktoren in vier lokalen Fallstudien sollen Empfehlungen für Change-Prozesse und entsprechende Instrumente gewonnen werden. Der im Projekt erarbeitete Werkzeugkoffer «Demenznetzwerke mit Angehörigen zusammen gestalten» steht hier kostenlos zum Download zur Verfügung.
Projektleitung: Prof. Martin Müller, Institut für Soziale Arbeit und Räume
Ziel dieses Forschungspilotprojekts ist, die Wirkungen eines spezifischen, zu Hause durchgeführten T&E-Übungsprogramms (Test-and-Exercise) für Menschen mit einer vermuteten oder beginnenden Alzheimer-Demenz auf die grundlegende funktionale Mobilität sowie auf drei exekutive Funktionen zu untersuchen. 12 Teilnehmende werden während 8 Wochen jeweils einmal pro Woche von speziell ausgebildeten Physiotherapeuten betreut. Dieses Projekt wird vom medizinisch-sozialen Zentrum Siders gemeinsam mit der Memory Clinic des Spitals Siders durchgeführt.
Zum Projektbeschrieb (Englisch)
Projektleitung: Prof. Anne-Gabrielle Mittaz Hager
Was erleben Menschen, die an Demenz erkrankt sind? Wie bewältigen sie und ihre Angehörigen den Alltag mit den krankheitsbedingten Einschränkungen? Ziel ist der Aufbau eines Online-Portals mit Erfahrungsberichten von Demenzbetroffenen. Dazu sammelt das Projektteam ihre Erzählungen und bereitet die Gespräche nach einer etablierten und international anerkannten Methode der qualitativen Sozialforschung auf. Diese zugängliche nationale Online-Datenbank wird wichtige Erkenntnisse zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung liefern. Damit lernen Studierende aus Medizin, Psychologie oder Pflege sowie Gesundheitsberufsleute die Bedürfnisse und Vorlieben von Demenzbetroffenen besser verstehen. Die Datenbank trägt so zentral zur Ausbildung in den Gesundheitsberufen und unmittelbar zu einer stärker patientenorientierten Versorgung bei. Darüber hinaus wird sie auch die Patientinnen und Patienten selbst unterstützen, da diese von den Erfahrungen anderer profitieren können.
Projektleitung: Prof. Dr. med. Dr. phil. Nikola Biller-Andorno
Die Pilotstudie will ein wissenschaftliches Erhebungsinstrument zur Erfassung von Demenz testen. Die Forschenden interviewen in Genf, Lugano und Zürich Personen im Alter zwischen 65 und 100 Jahren, unabhängig davon, ob diese bereits an Demenz erkrankt sind oder nicht. Zusätzlich wird auch jeweils eine ihrer Auskunftspersonen befragt. Die mittels Tablets erfassten Daten sollen zeigen, ob das Messinstrument die klinisch erstellte Demenzdiagnose bestätigt. Die Pilotstudien dienen als Testlauf für eine grossangelegte, repräsentative Studie zur Prävalenz von Demenz in der Schweiz. Damit stünden erstmals verlässlichere, national vergleichbare Daten für die Schweiz zur Verfügung, wie viele Personen in einer Gruppe (Alter, Geschlecht) von Demenz betroffen sind. Die Studie ist ein Teilprojekt einer internationalen Studie und ist an entsprechende Forschungsstandards angepasst.
Zum Projektbeschrieb (Englisch)
Projektleitung: Emiliano Albanese
Hängen im Alter Mundgesundheit, Kaufähigkeit und kognitive Fähigkeiten zusammen? Die Forschenden wollen unter anderem aufzeigen, welchen Einfluss eine Demenz auf die Mundgesundheit hat. Sie gehen darüber hinaus der Frage nach, inwiefern physiotherapeutische Übungen dazu beitragen, die Kaukraft von Menschen mit Demenz zu stärken. Denn eine gut erhaltene Kaufähigkeit und damit ein schmerzfreies Essen bedeuten eine gute Lebensqualität.
Projektleitung: Dr. med. dent. Julia Jockusch, M.Sc.
Wie wirkt sich der Kontakt mit Puppen auf das Verhalten von Menschen mit Demenz aus? Das Projektteam untersucht dies in einer klinischen Studie in mehreren Alters- und Pflegeheimen. Einer Gruppe weiblicher Testpersonen mit mittlerer bis schwerer Demenz wird dabei regelmässig eine Puppe überlassen. Bereits nach einigen Monaten zeigt sich, dass der Umgang mit den Puppen eine beruhigende Wirkung auf die Patientinnen hat. Die Forschenden nehmen an, dass der Umgang mit den Puppen auch depressive und teilnahmslose Zustände vermindern kann. Werden diese Erwartungen wissenschaftlich bestätigt, soll die nicht-medikamentöse und unaufwändige Puppentherapie vermehrt eingesetzt werden.
Projektleitung: Prof. Rita Pezzati und Valentina Molteni
Wie kann eine Smartphone-Anwendung (-App) dabei helfen, das Alzheimer-Risiko von über 50-Jährigen vorherzusagen? Dies untersucht das Forscherteam an 40 Menschen mit unterschiedlichen Bildungshintergründen aus der ganzen Schweiz. Die Studienteilnehmenden sind aufgefordert, ein Gedächtnisspiel auf ihrem Mobilgerät zu machen, bei dem sie Gegenstände in einem Raum platzieren und später wiederfinden müssen. Dabei werden ihre Reaktionsfähigkeit und Geschwindigkeit aufgezeichnet. Sie beteiligen sich zudem an klinischen Tests. Der Datenvergleich der beiden Verfahren soll zeigen, dass die Smartphone-App bezüglich der Risikovorhersage für eine Alzheimer-Erkrankung ähnliche Schlussfolgerungen wie die klinischen Tests erlaubt.
Zum Projektbeschrieb (in Englisch)
Projektleitung: Altoida AG (Dr. Ioannis Tarnanas)
Wie oft verbringen Menschen mit Demenz Zeit ausserhalb der eigenen vier Wände? An welchen öffentlichen Orten halten sie sich auf und welchen Aktivitäten gehen sie dort nach? Was schränkt sie dabei ein? Die Forschergruppe befragt 35 Menschen mit beginnender oder mittelschwerer Demenz und 35 Menschen ohne Demenz und vergleicht deren Antworten. Die Studie soll aufzeigen, was die Aktivitäten ausser Haus für Menschen mit Demenz erleichtert. Der Forschungsbericht wird auch entsprechende Empfehlungen für die Gestaltung des öffentlichen Raums beinhalten.
Projektleitung: Isabel Margot-Cattin
Wie kann ein Coaching der Mitarbeitenden von Pflegeeinrichtungen die Schmerzen der Patientinnen und Patienten vermindern? In dieser Studie ziehen ausgewählte Heime externe Pflegeexperten bei, die ihre Pflegemitarbeitenden im Umgang mit den Schmerzen Demenzerkrankter beraten und begleiten. Eine genaue Überwachung der Schmerzeinschätzungen durch eine systematische Dokumentation sowie regelmässig stattfindende Teamgespräche sollen dazu beitragen, dass die Schmerzen vermindert und verkürzt werden. Eine effektive Schmerztherapie kann zudem Verhaltensauffälligkeiten und folglich den Pflegeaufwand für die Mitarbeitenden der Pflegeeinrichtungen vermindern.
Projektleitung: Prof. Dr. Andrea Koppitz, Prof. Dr. Thomas Volken, Dr. Georg Bosshard
Apathie, sprich Teilnahmslosigkeit, kann als Begleitsymptom einer Demenz auftreten. Dies belastet Angehörige und Pflegende von Menschen mit Demenz, da sie vonseiten der Demenzbetroffenen oft keine Reaktionen wahrnehmen. Die Studie untersucht, in welchem Ausmass von Apathie betroffene Menschen mit Demenz Emotionen haben. Dazu zeigen sie 140 mittelschwer bis schwer dementen Bewohnern und Bewohnerinnen einer Pflegeeinrichtung Fotos, die positive Gefühle hervorrufen sollen; und sie messen deren körperliche Reaktionen. So wollen sie nachweisen, dass bei apathischen Demenzerkrankten äusserlich nicht wahrnehmbare Gefühlsregungen vorhanden sind. Dieses Wissen soll Pflegende zu stetigem Engagement motivieren. Zusätzlich kann die Kenntnis emotionsauslösender Reize dazu dienen, Therapiematerial zu entwickeln.
Projektleitung: Dr. phil. Yvonne Treusch