Als betreuende Angehörige fragen Sie sich wohl manchmal, wie Sie Ihre Angehörige, Ihren Angehörigen beschäftigen bzw. was Sie ihr oder ihm als Aktivität vorschlagen können. Wie wäre es mit einem Spiel?
Spielen ist eine ungezwungene Beschäftigung, bei der man unter bestimmten räumlichen und zeitlichen Vorgaben gewissen Regeln folgt. Es ist eine universelle -Betätigung, die uns Menschen unser Leben lang begleitet – unabhängig von Alter oder Gesundheitszustand.
Bei neurokognitiven Erkrankungen sind Spiele in allen Krankheitsstadien möglich und sinnvoll. Zu Beginn kann die Stimulierung beruhigend wirken. In einem späteren Stadium, wenn Sprachstörungen die Kommunikation - vor allem die verbale Kommunikation – beeinträchtigen, kann spielen ein Werkzeug sein, um mit der oder dem Angehörigen in Beziehung zu treten.
Wichtig: Zweck des Spieles sollten die Unterhaltung und das Wohlbefinden der erkrankten Person sein und nicht das Gewinnen oder das Einhalten von Regeln.
Wie alle anderen Freizeitaktivitäten dient auch Spielen dazu, sich zu beschäftigen und Spass zu haben.
Für einen Menschen, der sich nicht mehr gut orientieren kann und Gedächtnisschwierigkeiten hat, beinhalten Spiele noch weitere Vorteile:
- Stimulation kognitiver Fähigkeiten wie Erinnern, Konzentration oder Nachdenken;
- Stimulation exekutiver Fähigkeiten wie Planen und Antizipieren;
- Stimulation und Erhalt motorischer Fähigkeiten, vor allem der Feinmotorik und der Handbewegungen, aber auch der Bewegungskoordination;
- Unterstützung der Fähigkeiten zur Raumorientierung (Wahrnehmung von Gegenständen auf dem Tisch oder Spielbrett, Visualisierung von Gegenständen etc.);
- Unterstützung der verbliebenen Fähigkeiten und damit der Autonomie und Selbstwertschätzung;
- Erhalt der sozialen Beziehungen, des Austauschs mit Angehörigen, geselliger Momente – z. B. mit den Enkelkindern; dadurch werden positive Gefühle gefördert;
- Unterstützung der Selbstbestimmung, indem die Betroffenen eine Wahl und einen Handlungsspielraum bei der Spielweise haben;
- Unterstützung und Erhalt der Sprachfähigkeit und Wortwahl;
- Konzentration auf eine Aktivität, die ein positives Gefühl vermittelt;
Vorteile für Betreuende:
- Beschäftigung der erkrankten Person, während die Betreuenden anderen Tätigkeiten nachgehen;
- Ablenkung der erkrankten Person, beispielsweise bei wiederkehrendem Fragen, indem die Aufmerksamkeit auf das Spiel gelenkt wird;
- Stimulation der Kreativität und anderer Ausdrucksformen, vor allem bei Wortfindungsstörungen;
- Prävention von Verhaltenssymptomen bei fortgeschrittener Erkrankung.
Welche Art von Spielen sollte man wählen?
Im Grunde eignen sich alle Spiele. Beginnen Sie mit solchen, die die erkrankte Person bereits kennt, die sie in der Vergangenheit spielte oder immer noch gerne spielt. Wir raten davon ab, zu kindliche oder zu schwierige Spiele anzubieten. Am besten lassen Sie die betroffene Person bei der Auswahl mitentscheiden. Passen Sie die Regeln bei Bedarf an und seien Sie flexibel, damit Ihre Angehörige, Ihr Angehöriger eine gute Zeit verbringt.
Spielen mit demenzerkrankten Menschen sollte in diesem Sinne verstanden werden: Es geht nicht nur um Gesellschaftsspiele, sondern um alle Aktivitäten, die Unterhaltung bieten. In der untenstehenden Tabelle finden Sie Spielkategorien für zu Hause lebende demenzbetroffene Menschen.
Vorgehen
Normalerweise halten sich Spielteilnehmende an die für alle geltenden Spielregeln. Bei Menschen mit Alzheimer oder einer Demenzform ist unklar, ob sie die Regeln verstehen und einhalten. Als Begleitperson (Angehörige, Freiwillige oder Fachpersonen) liegt es an Ihnen, Ihre Erwartungen und Ihre Haltung anzupassen. Das Ziel ist es, eine schöne Zeit zusammen zu haben und die betroffene Person nicht zu überfordern.
Hier ein paar Ratschläge, um gute Rahmenbedingungen zu schaffen:
Wahl des Spieles: Legen Sie zwei oder drei Spiele auf den Tisch und lassen Sie der erkrankten Person Zeit, eines auszuwählen. Vermeiden Sie es, sie in Verlegenheit zu bringen: Stellen Sie keine offenen Fragen wie «Was willst du spielen?» Zeigen Sie auf ein Spiel und fragen Sie konkret: «Möchtest du dieses Spiel spielen?»
Wenn sich die betroffene Person nicht entscheiden kann, öffnen Sie ein Spiel und sagen Sie etwas Positives dazu: «Spielen wir dieses hier, das magst du am liebsten» oder «Fangen wir doch mit dem an».
Umgebung: Achten Sie darauf, dass die Umgebung ruhig ist, stellen Sie das Radio ab und schalten Sie Hintergrundgeräusche aus. Gehen Sie sicher, dass Ihr Gegenüber die richtige Brille und/oder das Hörgerät trägt. Eine gute Beleuchtung sorgt für Behaglichkeit und beugt Ermüdung vor.
Spielbeginn: Wählen Sie einen Moment aus, in dem Sie genug Zeit und Musse haben, um das Spiel nicht unterbrechen zu müssen. Räumen Sie unnötige Gegenstände vom Tisch, damit sich ihr Gegenüber ganz auf das Spiel konzentrieren kann. Breiten Sie das Spiel aus und lassen Sie ihr bzw. ihm Zeit, sich mit dem Material vertraut zu machen (Farbe der Spielfiguren begutachten, Karten umdrehen, würfeln etc.). Weiss Ihr Gegenüber nicht mehr, wie das Spiel geht, fangen Sie an oder nennen Sie ein Beispiel: «Man dreht immer zwei Karten um und sucht ein Paar» (Memory).
Regeln: Regeln dienen dazu, das Spiel zu strukturieren, aber sie werden von den erkrankten Menschen oft nicht mehr verstanden. Das Wiederholen der Regeln oder Nachfragen, ob diese verstanden wurden, können die Freude am Spiel verderben oder dazu führen, dass die betroffene Person gar nicht mehr spielen will. Weichen Sie die Regeln auf und entwickeln Sie sie im Verlauf des Spieles weiter. Respektieren Sie die Entscheidungen Ihres Gegenübers. Im Zentrum sollten die positiven Aspekte der Beschäftigung und der Beziehung durch das Spielen stehen, nicht der «Erfolg». Halten Sie sich z. B. bei Scrabble nicht mit der Korrektur der Rechtschreibung auf. Sie brauchen auch keine Punkte zu zählen.
Autonomie: Lassen Sie Ihr Gegenüber so viel wie möglich selbst machen, auch wenn das Ergebnis nicht perfekt ist. Kaufen Sie Material, das an die Schwierigkeiten der betroffenen Person angepasst ist: das Lieblingsspiel im Grossformat oder einen Kartenhalter, wenn Ihr Gegenüber sich schwertut, die Karten zu halten und sich gleichzeitig zu konzentrieren. Es gibt viele Webseiten mit angepassten Spielen. Sie werden bestimmt etwas finden, um Ihrer Angehörigen, Ihrem Angehörigen möglichst viel Autonomie zu ermöglichen. Sie können ihr oder ihm auch Hinweise geben oder eine Antwort zuflüstern, wenn Sie merken, dass Schwierigkeiten auftreten.
Spielende: Das Spiel ist beendet, wenn die Partie vorbei ist oder wenn Ihr Gegenüber müde wird bzw. das Interesse verliert. Versuchen Sie nicht, sie oder ihn zum Weiterspielen zu bewegen. Bieten Sie eher etwas anders an, z. B. eine Zwischenmahlzeit, einen Spaziergang oder eine Pause.
Zeitpunkt: Im Verlauf des Tages kann immer der richtige Moment zum Spielen sein, je nach Rhythmus der erkrankten Person: vormittags, wenn sie hellwach ist; zu Leerzeiten, um sie zu beschäftigen; oder bevor sie unruhig wird, z. B. am Abend gegen 17 Uhr.
Spieldauer: Passen Sie die Spieldauer dem Zustand Ihres Gegenübers an. Spielen verlangt ihr bzw. ihm viel Konzentration ab. Verkürzen Sie die Dauer deshalb bei Bedarf. Hat Ihre Angehörige, Ihr Angehöriger Aufmerksamkeitsschwierigkeiten, fangen Sie mit einer Spieldauer von rund 10 Minuten an. Ist Ihr Gegenüber stark desorientiert, lohnt es sich, immer an bestimmten Tagen bzw. zur gleichen Zeit zu spielen. Planen Sie eine Pause mit Getränken oder einem Snack zur Erholung ein. Sie können dann allenfalls ein zweites Spiel vorschlagen.
Weitere Tipps zur Kommunikation und zu Aktivitäten finden Sie in unseren Infoblättern:
Kategorie | Beispiele für zu Hause | Vorteile / Ziele | Hinweise |
Gesellschaftsspiele |
| Erhalt der kognitiven und sozialen Fähigkeiten | Gibt es im Grossformat |
Gedächtnisspiele |
| Erhalt kognitiver Fähigkeiten:
| Themenspiele bieten Gelegenheit, dass Demenzbetroffene aus ihrem Leben erzählen. Beispiel: Bei einem Musikquiz können sie über Musikpräferenzen oder besuchte Konzerte sprechen; beim «Berufe sortieren» können sie von ihrer Berufswahl, den Berufen ihrer Eltern etc. erzählen.
Es gibt Arbeitshefte mit Gedächtnistrainings zum Herunterladen. |
Computerspiele |
| Stimulation und Erhalt von:
| Die Person sollte im Umgang mit Computeranwendungen vertraut sein; es gibt vereinfachte Tablets; man kann allein spielen. |
Sensomotorische Spiele |
|
| Ideale Familienspiele für drinnen oder draussen; Betroffene machen gerne repetitive Gesten, die sie beruhigen. Alles Mögliche lässt sich zu Hause sortieren – halten Sie immer eine Kiste zur Beschäftigung bereit. |
Linksauswahl zu Spielen und Denksportaufgaben
- Weiterführend Links zu Denksportaufgaben und Rätsel: Schweizerische Hirnliga: Denksport
- Ergoway: Spiele für betagte und demente Menschen https://ergoway.ch
- Spiel-Apps: http://myosotis-games.ch/spiele
- Ein Tablet, das speziell für Senioren geeignet ist: www.media4care.de/senioren-tablet
- Demenz App für gemeinsame Beschäftigung und Unterstützung: https://digimenz.de
- Therapeutische Spiele & bewegsaktivierende Materialien: www.lehmanns.ch/listing/1791-spiele-fuer-menschen-mit-demenz
- Kostenpflichtige Online-Gehirn-Übungen für Interessierte und Erkrankte im Anfangsstadium: www.memofit-training.com/index.html
Da sich das Angebot an Spielen laufend verändert, können wir keine Gewähr bieten, dass die Links aktuell und die Auflistung umfassend st.