Aktualisierung der Richtlinien zu Triageentscheidungen bei Überlastung der Intensivstationen:
Demenz und Clinical Frailty Scale – eine Ausnahme in Sicht?
Aufgrund der Entwicklung der Covid-19-Pandemie haben die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) und die Schweizerische Gesellschaft für Intensivmedizin (SGI) am 23. September 2021 eine aktualisierte Version (Version 4) der Richtlinien zur Triage von intensivmedizinischen Behandlungen auf den Intensivstationen bei Ressourcenknappheit veröffentlicht.
Im Vergleich zu den früheren, seit Beginn der Covid-19-Pandemie veröffentlichten Fassungen stellt die vierte Version der Richtlinien einen weiteren Schritt in die richtige Richtung für Menschen mit Demenz dar. In der vorliegenden Version wird präzisiert, dass von einer Demenz «nicht allein automatisch auf eine negative kurzfristige Prognose geschlossen werden» darf und dass spezifische Risikofaktoren für eine erhöhte Sterblichkeit für die Posteriorisierung einer Patientin oder eines Patienten gegeben sein müssen. Diese beiden Erklärungen räumen unserer Ansicht nach jegliche Zweifel hinsichtlich einer möglichen Betrachtung von Demenz als Ausschlusskriterium aus, die aufgrund der vorhergehenden Versionen der Richtlinien noch bestanden haben.
So erfreulich diese Verbesserungen auch sind, die Beurteilung der Prognose anhand der Gebrechlichkeits-Skala (Clinical Frailty Scale, CFS) bleibt für Menschen mit Demenz weiterhin problematisch, da das blosse Vorliegen einer Demenz im Allgemeinen aufgrund der Abhängigkeit von Dritten, die bei Menschen mit Demenz bestehen kann zu einer Erhöhung von 1 bis 2 Punkten auf der Skala führt. Wir bedauern insbesondere, dass in der neuen Version der Richtlinien nicht erwähnt wird, dass die CFS nicht für die Einschätzung der Gebrechlichkeit von Menschen mit Demenz validiert ist, denn für Menschen mit Behinderungen wird dies ausdrücklich erwähnt (Punkt III, Absatz 8). Aus diesen Gründen sollte in den Richtlinien explizit ausgeführt werden, dass die CFS nicht für die Beurteilung der Gebrechlichkeit von Menschen mit Demenz validiert und daher diesbezüglich irrelevant ist.
Alzheimer Schweiz und die Swiss Memory Clinics nehmen erfreut zur Kenntnis, dass die SAMW und die SGI ihre Forderungen in der vierten Ausgabe der Richtlinien teilweise berücksichtigt und erkannt haben, dass gewisse Passagen zur Anwendung der Gebrechlichkeits-Skala zu knapp formuliert und zu Missverständnissen geführt haben (siehe FAQ). Zur Erinnerung: Seit der dritten Version der Richtlinien wurden mehrere Passagen betreffend Demenz teilweise ergänzt, neu formuliert oder entfernt.
Bern, 11 Oktober 2021
Lesen Sie alle Forderungen und Massnahmen im PDF.
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ist ein gemeinnütziger Verein mit über 10 000 Mitgliedern und rund 130 000 Gönnerinnen und Gönnern. Die Organisation ist in jedem Kanton mit einer Sektion vertreten. Seit über 30 Jahren unterstützt Alzheimer Schweiz kompetent Menschen mit Demenz, ihre Angehörigen und Fachpersonen aus der Pflege und Betreuung.
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ist der Verein der spezialisierten Kliniken mit Schwerpunkt Demenz und Gedächtnissprechstunden. Ziel ist es, die Diagnose- und Behandlungsqualität bei Demenzerkrankungen schweizweit auf hohem Qualitätsniveau zu etablieren. Entsprechend dieser Zielsetzung verpflichten sich die Mitglieder Qualitätsstandards einzuhalten. Darüber hinaus fördert der Verein die Informations- und Wissensver-mittlung und die Interdisziplinarität.