Christian Inniger verlegte öfters Dinge, vergass wesentliche Informationen, machte als Verantwortlicher für Buchhaltungsmandate vermehrt Fehler und war nach der Arbeit völlig erschöpft. Sein Hausarzt überwies ihn deshalb an eine Memory Clinic. Dort stellte man eine Alzheimer-Erkrankung fest. Die Diagnose war schockierend, aber auch erleichternd, weil nun klar war, er vergass Dinge nicht aus mangelndem Willen. Einige Wochen später folgte ein Gespräch mit dem Arbeitgeber. Für Christian Inniger war es schmerzlich zu merken, dass es nicht mehr geht. Er meldete sich daher bei der Invalidenversicherung an, um eine Rente zu beantragen.

 

Proaktive Kommunikation

Heute kümmert sich Christian Inniger vermehrt um den Haushalt. Er und seine Frau haben den Alltag darauf angepasst, dass er Mühe mit dem Kurzzeitgedächtnis hat: Anstelle eines grossen Wocheneinkaufs geht Christian Inniger nun täglich einkaufen. Das Ehepaar Inniger kommunizierte aktiv: Sie informierten Freunde und Bekannte, sprachen dabei allerdings lieber von Gedächtnisstörung, was weniger stigmatisierend ist als der Begriff Alzheimer. Vor einem Jahr wirkten sie an einer Reportage der renommierten Zeitung NZZ mit, denn sie wollten zur Aufklärung beitragen. Darauf erhielten sie viel positives Feedback.

 

Begeisterter Wanderleiter

Kurz vor seiner Diagnose wurde Christian Inniger angefragt, ob er die Wandergruppe für Seniorinnen und Senioren seiner Kirchgemeinde leiten möchte. Er sagte sofort zu: «Sich draussen bewegen, war schon immer meins – und der Umgang mit Menschen in den verschiedensten Lebenslagen gehörte auch zu meinem beruflichen Alltag und liegt mir».

Nach der Diagnose orientierte er die Verantwortlichen der Kirchgemeinde zur veränderten Situation. Diese trauten ihm die Leitung der Wandergruppe weiterhin zu. Seither begleitet ihn eine Person beim Rekognoszieren und unterstützt ihn auf den Wanderungen bei Leitungsaufgaben. Vieles ist auch mit der Diagnose gleichgeblieben.

 

Erfüllende Tätigkeit

«Beim Erkunden nehme ich mir immer genügend Zeit, um auch besondere Plätze, die man nicht auf Anhieb sieht, zu finden. So kann ich die Teilnehmenden auch gerade dorthin führen», führt Christian Inniger aus. Zu Beginn der Wanderungen erkläre er die Route und worauf zu achten sei. «Ich kann die Leute immer noch gut einschätzen und orientiere mich an den Schwächeren», erzählt er.

Heute benötige er mehr Vorbereitung als früher, müsse sich stärker fokussieren und achte darauf, dass er jeweils gut ausgeruht in den Tag mit der Wandergruppe starte: «Den Teilnehmenden eine schöne gemeinsame Zeit in der Natur zu ermöglichen, das erfüllt mich nach wie vor sehr, auch wenn ich abends müder bin als früher». Zu Beginn sprach er gezielt nur mit Einzelnen der Gruppe über seine Diagnose. Inzwischen hat er die ganze Gruppe über die Krankheit, mögliche Einschränkungen, aber auch über die noch vorhandenen Ressourcen orientiert. Er hofft, dass er die Gruppe noch lange begleiten darf.


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