Evelyne Hug, das Schweizer Recht regelt die Erbfolge. Braucht es überhaupt ein Testament? 

Nicht zwingend, und trotzdem ist es je nach Familiensituation und Besitz ratsam, ein Testament zu verfassen. Indem Sie die Dinge klar regeln, können Sie vorausschauend dafür sorgen, dass sich Ihre Familie nicht wegen Erbangelegenheiten zerstreitet. Die gesetzliche Erbfolge erfasst die eigene Situation oft nicht genau. Ohne Testament kann es beispielsweise sein, dass die hinterbliebene Ehefrau das Haus verkaufen muss, um Erben auszuzahlen. Oder dass die Lebenspartnerin, die den Verstorbenen jahrelang zuhause gepflegt hat, leer ausgeht. 
 

Kann ich denn im Testament das Gesetz umgehen?

Die Pflichtteile bestimmter Erben müssen eingehalten werden. Darüber hinaus sind Sie frei, selber festzulegen, was mit Ihrem Nachlass geschehen soll. Ein Beispiel: Setzen Sie kein Testament auf und sind keine nahen Erbberechtigten vorhanden, profitieren gemäss gesetzlicher Erbfolge Erben aus der weiteren Verwandtschaft. Zu diesen hatten Sie aber vielleicht gar nie Kontakt, oder Ihre Wertvorstellungen gehen auseinander und Sie möchten das Vermögen lieber einer guten Freundin zusprechen. Es ist wohl den wenigsten Menschen egal, was mit ihrem Besitz geschieht. Man hat ihn von den Eltern geerbt oder erarbeitet. Und man möchte, dass weiterhin sorgsam damit umgegangen wird. Die Selbstbestimmung ist zentral. Sie wird im revidierten Erbrecht ab 2023 insbesondere bei Erblassern mit Nachkommen noch gestärkt.*