«Mein Mann bestellt in Internetshops regelmässig Elektrogeräte für grössere Beträge.» «Meine Mutter telefoniert stundenlang mit kostenpflichtigen Telefonnummern und kann die Telefonrechnungen nicht mehr bezahlen.» «Mein Vater ist einem Online-Anlagebetrug zum Opfer gefallen und hat bereits mehrere tausend Franken Vorschuss einbezahlt.» Solche Situationen treffen bei Weitem nicht nur Menschen mit Demenz. Zunehmend fragen aber deren Angehörige beim Alzheimer-Telefon 058 058 80 00 an, wie sie darauf reagieren können. Je nach Fall ist die Rechtslage sehr unterschiedlich. Einiges hängt davon ab, ob die demenzerkrankte Person zum Zeitpunkt des Ereignisses urteilsfähig war oder wer über die nötigen Vertretungsrechte verfügt, wenn sie dies nicht mehr ist. In den meisten Kantonen gibt es Anlaufstellen, die weiterhelfen.
Stellvertretend für diese haben wir Marcel Graf von der Präventionsabteilung der Kantonspolizei Zürich gefragt, welche Tipps er den Angehörigen zum Umgang mit einigen typischen Situationen geben würde.
Ein jung an Demenz erkrankter Mann bestellt regelmässig unnötige Elektrogeräte im Internet. Was kann seine Partnerin dagegen machen?
Marcel Graf: Anbieter im Internet sind in der Regel nicht bereit, erhaltenes Geld aus freien Stücken zurückzuzahlen. Nach Möglichkeit ist deshalb zu reagieren, bevor etwas bezahlt wird. Dies, indem die Zahlungsmöglichkeiten eingeschränkt werden (Kartenlimite setzen oder ganz auf Kreditkarten / digitale Zahlungsmittel verzichten). Ist der Mann verheiratet oder lebt er in einer eingetragenen Partnerschaft, kann dies die Ehefrau oder der Partner veranlassen. Nahestehende Personen ohne Vertretungsrechte können sich an die zuständige Erwachsenenschutzbehörde wenden. Bei bereits bestellten und bezahlten Elektrogeräten sollte der Internetshop informiert werden, dass der Käufer aufgrund einer diagnostizierten Demenz urteilsunfähig und der Vertrag deshalb ungültig ist. Bereits gelieferte Ware ist gleich zurückzuschicken. Falls der Widerruf oder die Ungültigkeit des Vertrags nicht akzeptiert wird, bieten rechtliche Beratungsstellen weitere Hilfe an.
Wie kann man sich vor Betrug am Telefon oder im Internet wappnen?
Marcel Graf: Obwohl jüngere Menschen häufiger Opfer eines Internetbetrugs sind als ältere, kann es alle treffen. Für Menschen mit Demenz ist es aber besonders herausfordernd, verdächtige Links oder Mailanhänge zu erkennen. Sie verzichten auf einen Passwortschutz, weil sie sich das Passwort nicht merken können. Oder sie vernachlässigen die regelmässigen Software-Updates und informieren sich nicht mehr über aktuelle Gefahren im Internet. Die Betreuung und Begleitung von Menschen mit Demenz im Umgang mit dem Computer bzw. dem Internet ist deshalb je nach Stadium der Erkrankung unumgänglich. Dies zum Beispiel, indem Angehörige oder nahestehende Personen ein gemeinsames E-Mail-Konto einrichten oder regelmässiges gemeinsames Surfen anbieten. Betrüger melden sich aber auch über das Telefon. Unerwünschte Werbeanrufe und anonyme Anrufe können mit Callfilter gesperrt werden, Notfallnummern bleiben auch bei einer Sperre verfügbar. Kann eine Person nicht mehr adäquat reagieren, lässt sich der Telefoneintrag löschen oder zumindest eine Nichtausschreibung des Vornamens veranlassen. Es empfiehlt sich, Bezugslimiten (mittels Prepaid-Karten) einzurichten und so das Überweisen von grösseren Geldbeträgen zu verunmöglichen.
Passieren kann aber immer etwas. Es ist wichtig, dass sich Menschen mit Demenz dafür nicht schämen, sondern mit Vertrauenspersonen darüber sprechen und sich bei ihnen Hilfe holen können für die notwendige Anzeigeerstattung bei der örtlichen Polizei. Diese bietet ein breit gefächertes Angebot an vorbeugenden Massnahmen, Beratungen und nützlichen Massnahmen an. Im Notfall ist die Polizei auch rund um die Uhr unter der Telefonnummer 117 erreichbar.
Weiterführende Informationen:
zh.ch/seniorenschutz (Kantonspolizei Zürich zu Sicherheit im Alter)
skppsc.ch (Website der schweizerischen Kriminalprävention)
ibarry.ch (Plattform für Internetsicherheit der Schweizer Wirtschaft)
cybercrimepolice.ch
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