An diesem sonnigen Nachmittag im Mai herrscht im Restaurant Vecchio Torchio eine fröhliche Stimmung – wie bei einem Treffen von alten Freunden. Wir sind in einem Alzheimer-Café von Alzheimer Ticino. Dieser Anlass findet jeden zweiten Mittwoch im Monat in Lugano statt. 2011 wurden dort die ersten Alzheimer-Cafés organisiert, inspiriert vom Arzt Bere Miesen, der sie 1997 in Holland ins Leben rief. Heute finden diese Treffen für Menschen mit Demenz auch in der Deutschschweiz und in der Romandie grossen Anklang.
 

Teamarbeit

Valeria Bernasconi, Leiterin der Alzheimer-Cafés in Lugano, und Ombretta Moccetti, Geschäftsleiterin der Sektion Alzheimer Ticino, haben den heutigen Anlass organisiert. Für die Koordination ist Zaira Scaravaggi zuständig. Der Anlass findet in einem hellen und grossen Saal statt. Die – ausnahmslos – weiblichen Gäste treffen nach und nach ein und freuen sich, Frau Moccetti nach der Zwangspause wegen Corona endlich wieder zu sehen. Zwischen einem Gruss und einer Umarmung findet sie einen Moment Zeit. Sie erklärt, dass weniger Teilnehmende als erwartet kommen, weil viele noch nicht bereit sind, einen Nachmittag in einem geschlossenen Raum zu verbringen. Doch angesichts der sinkenden Fallzahlen* ist sie überzeugt, dass die Freude am Beisammensein und am Austausch im ungezwungenen Rahmen bald wiederkehrt. Alle sind herzlich willkommen. Das Duo Tacalà spielt volkstümliche Musik und sorgt mit Geige und Gitarre für musikalische Unterhaltung. Nach einigen netten Worten und schwungvollen Musikstücken eröffnen Ombretta Moccetti und Zaira Scaravaggi den Anlass.
 

Langjährige Erfahrung im Dienst der Gemeinschaft

Frau Moccetti ist im Tessin eine Schlüsselperson in der Unterstützung von Menschen mit Demenz. Sie ist seit 2009 für Alzheimer Ticino tätig. 2018 hat sie die Leitung für das Kompetenzzentrum Alzheimer und andere Demenzformen übernommen – ein Dienst von Alzheimer Ticino, Pro Senectute Ticino und Moesano. Neben der Beratung gehört auch die Organisation aller Aktivitäten zu ihren Aufgaben und somit auch die Betreuung der fünf Alzheimer-Cafés im Tessin. Nach ihrer Ausbildung zur Lehrerin entdeckte sie ihr Interesse für Psychiatrie. Sie liess sich zur Pflegefachfrau Psychiatrie ausbilden und arbeitete im Bildungs- und Sozialbereich. Als ihre Mutter 1982 mit nur 63 Jahren an Alzheimer erkrankte, erlebte Frau Moccetti die Krankheit zum ersten Mal aus nächster Nähe. Nach dem Umzug ihrer Mutter ins Pflegeheim schrieb sie ein Buch über ihre Erfahrungen. Dadurch lernte sie den damaligen Geschäftsführer von Alzheimer Ticino, Franco Tanzi, kennen. Und so begann ein bis heute dauerndes neues Kapitel in ihrem Leben – geprägt von vielen bewegenden Erlebnissen. Die zweite Gastgeberin, Zaira Scaravaggi, hat vor Kurzem gemeinsam mit Valeria Bernasconi die Rolle der Co-Verantwortlichen der Alzheimer-Cafés in Lugano als Freiwillige übernommen. Auch sie, Pflegefachfrau und Ausbilderin, blickt auf eine lange Erfahrung mit Menschen mit Demenz zurück. Sie hat früher in einer Tagesstätte gearbeitet. Doch sie hat diese Tätigkeit nie als eine «Arbeit» betrachtet, sondern als eine schöne Art und Weise, ihre Zeit zu verbringen. Seit einigen Jahren ist Frau Scaravaggi auch für die Alzheimer-Ferien im Tessin und seit 2018 für die Ferien für jung Erkrankte in Serpiano verantwortlich.
 

Reflexionen und Diskussionen

Nach einem letzten Musikstück beginnt das Referat von Simona Mazzagatti, Mitarbeiterin von Alzheimer Ticino. Sie spricht einfühlsam und offen über den Sinn und Zweck der Patientenverfügung. Eine spontane und lebhafte Diskussion beginnt. Die Teilnehmenden tauschen sich über ihre entsprechenden positiven und negativen Erfahrungen aus. Der Nachmittag endet mit Kaffee und Kuchen, Tanz und guter Laune. Die Gäste verlassen den Saal mit einem Lächeln auf ihren Gesichtern. 
 

Treffpunkte 

Alzheimer-Cafés werden von diversen kantonalen Sektionen angeboten. Sie sind ein Treffpunkt und stehen in Einklang mit dem Motto von Alzheimer Schweiz «Für ein besseres Leben mit Demenz». In diesen Cafés können sich die Teilnehmenden zum Thema Demenz informieren und sich über ihre Erfahrungen austauschen. Alzheimer-Cafés stehen nicht nur Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen offen, sondern auch Freunden und Bekannten, Pflegepersonen und allen Interessierten. Die Teilnehmenden können sich im geselligen Rahmen entspannen und soziale Kontakte pflegen.

 

*Anmerkung der Redaktion: Stand Mai 2022