Das alte Loeblager im Ziegelacker, das zur Zwischennutzung für ein paar Jahre verschiedensten Kreativen als Arbeitsstätte dient, ist für einmal auch das Ziel einer kleinen Gruppe von Alzheimer Bern. Drei Personen, die mit Alzheimer oder einer anderen Demenzform leben, haben sich eingefunden und brechen gemeinsam mit zwei Begleitpersonen nach Bern Bümpliz auf, um zwischen Hutmachern, Töpferinnen und weiteren Künstlern selbst kreativ zu werden im Atelier der Kunsttherapeutin Cornelia Birrer. Heute wird gemalt.


Postkarten als Ausgangspunkt

Der Nachmittag beginnt in einem gemütlichen Kreis. Auf einem grossen Tisch in einem Nebenraum des Ateliers findet sich eine bunte Mischung von Postkarten: Landschaften, Tiere, Kunstwerke, Blumen, Gegenstände und vieles mehr. Es gilt, ganz in Ruhe die Karte zu finden, die sie besonders anspricht. Die einen entscheiden rasch, die anderen wägen länger zwischen verschiedenen Sujets ab. Anschliessend erzählen sie einander, warum sie genau diese Postkarte gewählt haben, und nehmen sie zur Inspiration mit ins Atelier nebenan.


Kreative Atelieratmosphäre

Bunte Holztische und Wände, farbenfrohe Wandmalereien und über den Rand hinaus Gemaltes erwartet die Angereisten im Atelier. Ausgestattet mit Malschürzen, die bereits viele kunterbunte Farbspritzer aufweisen, gilt es nun, selbst kreativ zu werden. Alle suchen sich einen Platz am grossen Tisch, auf dem zahlreiche Pinsel, viele Farbtöpfe und Papier zu finden sind. Kaum berührt der erste Pinsel das Papier, erfüllt eine konzentrierte und entspannte Atmosphäre den Raum. Jeder ist ganz bei sich, alle sind in das kreative Schaffen vertieft und gespannt darauf, was entstehen wird.


Während einige Teilnehmende mit raschem Pinselstrich bis zu drei Bilder kreieren, nehmen sich andere mehr Zeit und widmen sich intensiv einem einzelnen Werk. Gemeinsam geniessen alle das kreative Schaffen in vollen Zügen. Egal, ob neue Farben gewünscht sind, die Pinsel frisches Wasser benötigen oder ob man etwas kreative Hilfestellung braucht, die Kunsttherapeutin steht den Teilnehmenden stets unterstützend zur Seite, fragt nach und tauscht sich mit den Malenden auch zu ihren jeweiligen Werken aus. So vergeht die Zeit wie im Flug.


Überraschende Entdeckung

Während der wohlverdienten Pause mit Tee und süssen Leckereien hängt die Kunsttherapeutin alle entstandenen Werke an eine Wand, wo sie gemeinsam betrachtet und bewundert werden können. Dabei entdecken die Betrachtenden eine überraschende Gemeinsamkeit: Die Farben der zuvor ausgewählten Postkarten finden sich fast bei allen Teilnehmenden in ihren Gemälden wieder, auch bei einem Gast, der inzwischen vergessen hat, welche Karte er zuvor gewählt hat.


Gemeinsames Werk schaffen

Nachdem zuvor jeder mit seinem eigenen Werk beschäftigt war, bildet das gemeinsame Kreativsein den Schwerpunkt im zweiten Teil des Nachmittags: Mit Malerschürze und Pinsel ausgestattet, stehen alle Teilnehmenden um einen kleinen Tisch herum, auf dem ein grosses weisses Blatt Papier liegt. Rundherum sind Pinsel in verschiedenen Farbtöpfen verteilt. Und so gehen die Teilnehmenden um den Tisch herum, suchen sich ihren ersten farbigen Pinsel aus und malen eine schwungvolle Kurve oder eine Spirale aufs Blatt. Danach legen sie den Pinsel in den jeweiligen Farbtopf zurück, gehen weiter, nehmen einen nächsten Pinsel einer anderen Farbe in die Hand und setzen ihn an einer neuen Stelle auf dem Papier an. Innerhalb kurzer Zeit wächst ein gemeinsames, kunterbuntes Werk heran, das alle Augen strahlen lässt. 


Der kreative Nachmittag, ein Angebot von Alzheimer Bern aus der Reihe «Kultur und Bewegung», neigt sich dem Ende zu. Der Erinnerungsanker in Gestalt des zusammengerollten eigenen Werks wird auch zu Hause diesen inspirierenden und bunten Nachmittag wieder aufleben lassen.