Seit 2016 bietet Alzheimer Schweiz Ferien für jung Erkrankte an. Zwischen Juni und August geniessen unsere Gäste eine Woche oder ein verlängertes Wochenende inmitten von idyllischen Schweizer Landschaften.
Angefangen als ein verlängertes Wochenende in Engelberg, stiess das Pilotprojekt «Ferien für jung Erkrankte» auf grosses Interesse. Seit 2016 wird das Angebot stets ausgebaut. Inzwischen können Menschen mit Demenz und Angehörige in der ganzen Schweiz eine Auszeit geniessen.
Das Wohlbefinden der Gäste stets an erster Stelle Im Vordergrund der Ferien steht stets das Wohlbefinden der Feriengäste. Nebst den Aktivitäten ist es das Hauptziel, den Gästen die bestmögliche Erholung und eine Auszeit fernab des gewohnten Alltags zu bieten. Dabei profitieren die Teilnehmenden von der langjährigen Erfahrung der Ferienleitenden und Begleiterinnen. Ein demenzerkrankter Feriengast erzählt, dass für ihn und seine Ehefrau die Ferien eine Verschnaufpause vom mitunter anstrengenden Alltag seien. Der Genuss und das Abschalten kommen zuerst, die Krankheit soll für einmal keinen zentralen Punkt einnehmen. «Wir halten keine Fachvorträge und das Thema Demenz wird nur bei Bedarf thematisiert», erklärt Anita Laperre, Ferienleitende in Valbella.
(K)ein Ferienangebot wie jedes andere Ob Wandern, Kutsche fahren oder einfach mal nichts tun − die Feriengäste können nach ihren Vorlieben aus einem vielfältigen Angebot verschiedener, speziell auf ihre Bedürfnisse zugeschnittener Aktivitäten auswählen. Das für den jeweiligen Tag geplante Programm lebt von der Flexibilität und ist eine mögliche Option; die Gäste können die Ferientage aber auch nach ihren individuellen Wünschen gestalten. Nur das Abendessen ist ein gemeinsames Ritual. Wer danach noch Lust hat, kann sich zu einem Spieleabend einfinden. Manchmal lässt auch ein kleines Konzert den Tag ausklingen. Diejenigen, die nach einem ereignisvollen Tag eher Ruhe wünschen, dürfen sich ungeniert zurückziehen. Auch die begleitenden Angehörigen schätzen die Professionalität und die Vielfalt des Ferienangebots. So böten die Ferien beispielsweise auch die Möglichkeit, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen.
Massgeschneidert dank individueller Vorbereitung Damit die Ferien gelingen und zur bleibenden Erinnerung werden, ist besondere Vorbereitung notwendig. So besuchen die Ferienleitenden die Gäste bereits sechs bis acht Wochen vor den Ferien, um sich kennenzulernen, mehr über den individuellen Betreuungsbedarf, aber auch die persönlichen Wünsche zu erfahren.
Bestens etabliert, häufig nachgefragt Längst haben sich die Ferien für jung Erkrankte zu einem der beliebtesten Angebote von Alzheimer Schweiz entwickelt. Die meist langjährigen Gäste schätzen nicht nur das Angebot, sondern auch die empathische und professionelle Begleitung seitens der Ferienleitenden und Begleiterinnen. Wertschätzung sowie Respekt gegenüber allen Beteiligten und die Möglichkeit, einfach einmal gemeinsam eine Auszeit zu geniessen, bilden den Kern des Angebots.
Im Unterschied zu gewöhnlichen Ferien stellen die Alzheimer-Ferien höhere Anforderungen an die Organisation, den geeigneten Ort sowie an die Durchführung. Falls die maximale Teilnehmeranzahl bei einem Ferienangebot schon erreicht ist, tauschen sich die jeweilige Ferienleiterinnen mit dem Beratungsteam vom nationalen Alzheimer-Telefon aus, um Interessierten einen alternativen Ferienort in der gleichen Sprachregion vorzuschlagen.
Dass Alzheimer Schweiz regelmässig Ferien für jung Erkrankte durchführen kann, wird neben dem hohen Engagement der Ferienleitenden und Begleiterinnen vor allem auch durch das verschiedene Stiftungen möglich, welche dieses Angebot mit namhaften Beiträgen unterstützen.
Die Anzahl Plätze sind begrenzt. Die Anmeldungen werden in der Reihenfolge des Eingangs berücksichtigt. Anmeldung an event(at)alz.ch oder 058 058 80 20.
Nach Erhalt der Anmeldung wird eine der beiden Ferienleiterinnen Sie persönlich kontaktieren.
Sechs Fragen an Anita Laperre, Ferienleitende in Valbella
Was macht in Ihren Augen die Ferienzeit aus?
Die harmonische und entspannte Atmosphäre in der Gruppe prägt diese Tage. Man merkt, dass alle Beteiligten in Ferienstimmung sind und sich auf die Ferienwoche freuen. Entscheidend ist zudem, dass die Ferien sich nicht um das Thema Demenz drehen. Wir halten keine Fachvorträge und das Thema wird nur bei Bedarf thematisiert, ansonsten geht es darum abzuschalten und wieder neue Energie zu tanken – sowohl für die Menschen mit Demenz als auch für die Angehörigen.
Wie profitieren die Gäste von dem Angebot? Es sind ihre Ferien. Ferienleiterinnen und Begleiterinnen geben nur Inputs, machen Vorschläge und unterstützen bei Bedarf. Die Gäste entscheiden stets selbst, wie sie ihre Ferientage gestalten wollen, an welchen Aktivitäten sie teilnehmen und wie sie ihren Ferientag verbringen möchten. Jung Erkrankten steht eine individuelle Begleitung zur Seite: Diese ist während des gesamten Aufenthaltes deren persönliche Ansprechperson.
Was ist Ihnen als Ferienleiterin wichtig? Die Gäste und ihre individuellen Bedürfnisse stehen im Vordergrund dieser Tage. Ich möchte allen Teilnehmenden eine schöne Ferienwoche ermöglichen, in der Entspannung und Genuss im Mittelpunkt stehen. Wir nutzen die Stärken und bieten Brücken, die Schwächen sind kein Thema. Immer wieder können wir so noch vorhandene Ressourcen stärken und ausbauen. Das führt zu mehr Selbstvertrauen auch über die Ferienwoche hinaus und motiviert die Teilnehmenden, aktiv dabei zu sein und sich einzubringen.
Welche Ansprüche stellen Alzheimer-Ferien an die jeweiligen Hotels? Die veranstaltenden Hotels müssen keine speziellen Voraussetzungen mitbringen. Wir briefen das Personal im Vorfeld, machen aber auch deutlich, dass es Ferien sind und nicht etwa eine Fortbildung zu Demenz oder etwas ähnliches. Wer von unseren Gästen Demenz hat und wer nicht, muss die Hotel-Crew nicht wissen, da dies nicht relevant ist für ihre Tätigkeiten. Wir sind einfach alle Hotelgäste und wollen unseren Aufenthalt geniessen.
Was können die Alzheimer-Ferien bewirken? Wir hatten schon mehrmals einen alleinstehenden Feriengast. Weil kein passendes Wohnangebot für jung Erkrankte an seinem Wohnort vorhanden war, war er mit knapp 60 Jahren in ein Altersheim gezogen. Als ich ihn dort besuchte, um die Vorabklärungen für die Ferien zu machen, brauchte er viel Unterstützung. In der Ferienwoche blühte er enorm auf und war viel selbständiger als vorher. Das hat er in seinen Alltag mitgenommen und benötigte danach deutlich weniger Unterstützung. Auch bei einer anderen alleinstehenden Person haben die Ferien einen enormen Auftrieb bewirkt. Sie konnte anschliessend mit wenig Unterstützung noch rund drei Jahre in ihrem gewohnten Umfeld leben, bevor dann eine betreute Wohnform angezeigt war.
Was nehmen Sie mit aus den Ferien? Ich freue mich stets, wenn unsere Gäste die Auszeit geniessen und sie vergessene Interessen entdecken oder Fertigkeiten ausleben. So ist sich beispielsweise ein alleinstehender Gast dank dem Austausch mit Gleichbetroffenen bewusst geworden, dass er nicht allein ist mit seiner Demenzerkrankung. Oder ein anderer, vorher eher immobiler Teilnehmer hat entdeckt, dass er nach wie vor wandern und auch tanzen kann und dies mitgenommen. Solche Momente freuen mich enorm und zeigen, dass sich der Aufwand lohnt.
Kommentare
Marie-Louise Giustetti
19.04.2021