Ein unerwarteter Weg zum Engagement
Beatrice Waber, ehemalige Pflegefachfrau, erzählt, wie sie ihren Weg zur Freiwilligenarbeit bei Alzheimer Bern fand. Während einer Wanderung mit Pro Senectute berichtete ihr eine Teilnehmerin, dass sie mit Alzheimer-Erkrankten wandere. Diese Vorstellung gefiel Beatrice: «Wandern, Zeit in der Natur verbringen und gleichzeitig etwas Gutes tun.»
Doch bei Alzheimer Bern wurde niemand als Wanderbegleitung gesucht, aber für den «FREIRAUM». «Nach meinem ersten Nachmittag dort war ich so erfüllt, dass ich wusste: Das möchte ich weitermachen.»
Erfahrungen aus der Familie
Beatrices Interesse für Demenzerkrankungen hat auch persönliche Wurzeln. Ihre eigene Mutter war an Alzheimer erkrankt. Im Verlauf der Krankheit wurde die Betreuung schwieriger, und ihre Mutter zog in ein Altersheim. Beatrice erinnert sich an schöne aber auch herausfordernde Momente: «Man bleibt halt immer Kind bei den Eltern. Bei Besuchen sprach sie mich zum Beispiel tadelnd auf meine Kleidung an, während sie selbst im verkleckerten Pullover dastand. Das war manchmal schwer, aber ich habe gelernt, damit umzugehen.»
Diese persönlichen Erfahrungen haben sie geprägt und auf ihre Freiwilligenarbeit vorbereitet. «Mit fremden Menschen fällt es leichter. Es gibt keine vorbelasteten Rollen oder Erwartungen.»
Es geht um Würde und Menschlichkeit
Im «FREIRAUM» steht die Begleitung und der soziale Austausch im Vordergrund. «Wir lachen viel, singen zusammen und verbringen einfach eine gute Zeit», erzählt Beatrice. Besonders berührend sind Momente, in denen die Betroffenen durch Musik oder Gespräche förmlich aufblühen. «Manchmal sitzen sie ganz in sich gekehrt da, und sobald die ersten Töne erklingen, fangen sie an zu strahlen und mitzusingen. Das ist unbeschreiblich schön.»
Auch in den Alzheimer-Ferien, die Beatrice begleitet hat, entstehen solche Augenblicke. Sie erinnert sich an einen Teilnehmer, der kaum sprach, aber durch das gemeinsame Singen eine Möglichkeit fand, sich auszudrücken. Ohne Worte zwar, aber als sein Weg, Teil der Gruppe zu sein.
Loslassen und im Moment sein
Etwas, das Beatrice als bereichernd durch die freiwillige Tätigkeit empfindet, ist das bewusste Leben im Hier und Jetzt. Das musste sie nicht lernen sondern hatte sie bereits durch die Zeit mit ihrer Mutter verinnerlicht. Es ginge darum, die kleinen Momente zu schätzen, sei es ein gemeinsamer Spaziergang oder einfach nur das Zusammensein.
Besonders beeindruckt hat sie die Haltung einer Partnerin während der Alzheimer-Ferien, die ihren Mann, trotz seiner Einschränkungen, stets liebevoll unterstützte. «Sie hat ihn einfach machen lassen, hat ihn dort abgeholt, wo er gerade war. Als er beim Mittagessen die ganze Kräuterbutter auslöffelte, war das einfach ok. Das hat mich sehr berührt.»
Empfehlungen für angehende Freiwillige
Dazu benötige es nur Offenheit und die Bereitschaft, einfach mal vorbeizuschauen. Die Menschen mit Demenz seien trotz ihrer Einschränkungen ganz normale Persönlichkeiten mit einer spannenden Lebensgeschichte.
«Wenn man sich darauf einlässt, merkt man schnell, dass man keine Angst haben muss.»
Beatrice betont auch, es sei nicht nötig, perfekt zu sein. Man kann nichts falsch machen, solange man aufmerksam und respektvoll ist. Es ginge nicht darum, die Menschen zu erziehen, sondern ihnen mit Würde und Empathie zu begegnen.
Ein Beitrag, der unsere Gesellschaft bereichert
Für Beatrice ist Freiwilligenarbeit ein unverzichtbarer Teil der Gesellschaft, ohne den diese nicht funktionieren würde. Besonders während der Pandemie habe sich gezeigt, wie wichtig der Zusammenhalt ist. «Damals haben viele erkannt, wie wertvoll ein starkes Miteinander ist. Heute jammern sie, dass sie einsam sind – dabei könnte jeder ein bisschen Zeit investieren, um sich zu engagieren.»
Beatrice selbst empfindet ihre Tätigkeit als grosse Bereicherung, bei der sie nach jedem Einsatz mit einem guten Gefühl nach Hause. Es gebe nichts Schöneres, als gemeinsam zu lachen und zu erleben, wie Menschen mit Demenz Freude am Moment finden.
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