Es war mein letzter grosser Lauf aus dem Verbund der sieben «Major Marathons of the World», die ich in meiner Sportkarriere nun allesamt absolviert habe. Und ich nutzte die Gelegenheit gleichzeitig für eine «Abschiedsreise» in meiner alten Heimat Japan. Einem Land, in dem ich Anfang der 80er-Jahre selbst mehrere Jahre gelebt und gearbeitet habe – als lokaler Stabschef einer Schweizer Firma. Eine gemeinsame Reise mit meiner ehemaligen Frau Chitose, einer Japanerin, die nun seit vielen Jahren selbst in der Schweiz zuhause ist. Und unseren beiden mittlerweile erwachsenen Söhnen Taro und Yuri.
Die Freundlichkeit und die zuvorkommende Höflichkeit der Japanerinnen und Japaner sind einmalig. Überall wird man mit einem schüchternen Lächeln empfangen und mit einer tiefen Verbeugung begrüsst. Keine Hektik, kein Stress, keine Aggression gegenüber Fremden. Es herrscht vornehme Zurückhaltung. Als Ausländer kann man sich völlig sicher und unbekümmert bewegen. Wie in einer Art unsichtbarer Wolke. Niemand will etwas von einem, von niemandem wird man schräg angeschaut oder gar belästigt.
Eine Gelassenheit, Bescheidenheit und Ruhe, die uns und unserem «Westler»-Leben oft mehr als nur guttun würde. Und uns die Augen und Sinne öffnen für das Schöne, das Spielerische, das Detail und das letztlich Wichtige und Entscheidende.
Allerdings ist es so auch nicht ganz einfach, mit den Einheimischen in Kontakt zu kommen. Die Zurückhaltung der Einheimischen ist offenkundig. Auch innerhalb von Familie- und Freundeskreis herrscht ein reserviertes Verhalten, was soziale Kontakte entsprechend erschwert. Auch heute empfinde ich das Land nach wie vor als eine Art anderen Planeten. Ich habe vieles kennen und schätzen gelernt von Japan und seinen Menschen.
Diese Reise hat mir gleichzeitig gezeigt, wie klein die Welt geworden ist. So fand ich bei meiner Rückkehr in meine Berner Heimat in der Post die Gratulation von Markus Ryffel zu meinem Lauf in Tokyo. Es hat mich sehr gefreut, dass der weltweit erprobte und bekannte Spitzenläufer und Sportunternehmer es sich nicht nehmen liess, mir noch vor meiner Rückkehr zu meinem Erfolg in Tokio zu gratulieren! Ein Supergefühl, dass andere die eigene Leistung, eigene Erlebnisse und nicht die Krankheit ins Zentrum rücken. Diese kleine Welt zu erleben, zu geniessen, mitzugestalten und dafür zu sorgen, dass sie eine Heimat ist und bleibt, ist die schönste und wichtigste Herausforderung, die ich mir vorstellen kann.
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